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Maariv Wochenendbeilage 21.12.2007

Ich und Simon und der kleine Pablo
(Anspielung auf ein in Israel bekanntes Lied der „Gashash Hachiver“- Gruppe)

Von Rotem Rosental

izrael 2007 770px 

Deutsche Übersetzung

Abbildung der Zeichnung ihres Porträts von Picasso
Foto unten: Soshana (links) und ihr Sohn Amos. Ausstellungen rund um die Welt

Es gab nicht allzu viele Künstler, die mit Picasso, Brancusi und Simone de Beauvoir befreundet waren und noch am Leben sind, um uns darüber zu erzählen.

Soshana ist eine von den wenigen Begnadeten, und das ist nicht alles - sie zählt auch den wichtigsten und erfolgreichsten österreichischen Malerinnen. Sie ist natürlich auch Jüdin, die erst jetzt, im Alter von 80, ihre erste Ausstellung in Israel feiert.

Wenn der Krieg nicht gewesen wäre, dann würde alles anders ausschauen. Es gibt scheinbar keine bessere Redewendung als diese, um den Werdegang des Lebens und des Schaffens von Soshana, der österreichischen jüdischen Malerin zu beschreiben, die diese Woche ihre erste Ausstellung in Israel eröffnet. Sie, die in Wien geborene Jüdin, die mit ihrer Kunst die ganze Welt durchreist hat, schließt damit einen wahren Kreis.

Kurz bevor die Ausstellung von Soshana in Israel (in 1973) eröffnet hätte werden sollen, brach der Yom Kipurkrieg aus. Wenige Monate danach verließ Soshana das Land und kehrte nie wieder zurück. Jetzt, 35 Jahre danach, im Alter von 80 Jahren, werden ihre abstrakt impressionistischen Werke (als solche definiert sie ihre Werke) letzten Endes in einem israelischen Ausstellungsraum im Givatayim Museum aufgehängt. “Ich habe Israel geliebt und ich bedauere es, dass ich nicht hier geblieben bin“, erzählt Soshana während eines speziellen Interviews von ihrem Zuhause in Wien. „Ich war glücklich, als ich hier gelebt habe. Es ist meine erste Ausstellung in Israel seit damals und es wäre schön, wenn ich dort leben und wohnen könnte. “ Um die Wahrheit zu sagen, wenn man von der Seite schaut, dann scheint Soshana nicht genug Gründe zu haben, den Werdegang ihres Lebens zu bedauern. In ihrem Resümee finden sich hunderte Ausstellungen in der ganzen Welt, den größten Teil ihres Lebens saß sie auf Koffern, und hatte - vor allem - das Privilegium, die brodelnde Kunstszene von Paris in der Mitte des vorigen Jahrhunderts zu verschlingen. Die Geschichte von Soshana beginnt 1927 in Wien und gelangt sehr schnell zum ersten Krieg, der ihr Leben veränderte. „Mein Vater hatte eine Fabrik, die konfisziert wurde, als Hitler an die Macht kam. Meine Eltern hatten durch Ehevermittlung geheiratet, und mein Vater hat meine Mutter, die Bildhauerin war, nie verstanden. Er hatte nie Interesse an Kunst“, erzählt die Künstlerin. „Gleich nach dem Anschluss im Jahre 1938 flohen wir für kurze Zeit nach Paris. Während des „Blitz“ waren wir bereits in London. Mein Vater fuhr dort hin, und wir fuhren ihm nach, und das hat uns das Leben gerettet“.

Ihre offizielle Karriere als Künstlerin begann zu Beginn der 40-er Jahre in den USA. Nachdem sie ihren Mallehrer Beys Afroyim geheiratet hatte, unternahm sie mit ihm eine Porträtmalexpedition von berühmten Persönlichkeiten der Zeit (zum Beispiel die Schriftsteller Thomas Mann und Franz Werfel). Nach der Geburt ihres Sohnes Amos überredete sie Beys, der ein begeisterter Zionist war, auf eine Weltreise zu gehen, die auch einen Besuch im jungen Staat Israel inkludierte. In dieser Zeit erhielt sie von ihrem Mann auch den Namen, der sie bis heute als Kennzeichen begleitet – Soshana, und sie hatte ihre erste Einzelausstellung in Havanna, Kuba (1948). Am Ende der Reise trennten sich Beys und Soshana, und sie kehrte mit ihrem Sohn nach Wien zurück. Soshana selbst bevorzugte es, sich in Paris niederzulassen, im Studio des berühmten Malers Gaugin. Sehr schnell fand sich Soshana, die im Laufe ihres Lebens bewiesen hat, immer zur richtigen Zeit am richtigen Platz gewesen zu sein, tief in der Kunstszene der Stadt der Lichter. "Die meisten Künstler lebten damals in Montparnasse und trafen sich immer in drei Kaffeehäusern", erzählt sie. "Mein erstes Studio befand sich in der Nähe des Studios von Brancusi. Er lud mich ein, seine Werke zu sehen und wir wurden zu guten Freunden. Als ich aus Paris wegzog, sagte er mir, dass er fühle, wie wenn er sterben würde." Brancusi ist nicht der einzige grosse Künstler, mit dem sie in dieser Zeit Verbindung hatte. Sie trank Kaffee und hatte Diskussionen mit der einzigartigen Simone de Beauvoir und tauschte Eindrücke mit Jean Paul Sartre aus. Einen besonders starken Kontakt hatte sie mit Pablo Picasso, der bis zum heutigen Tag (und wahrscheinlich für immer) als größter Künstler des vorigen Jahrhunderts gilt. "Ich war bei der Ausstellung (Picassos) in Paris im Jahre 1953 und betrachtete eines seiner Bilder. Er sah, dass ich es anschaue, ging auf mich zu und begann mit mir zu sprechen. Am Ende des Gesprächs lud er mich ein, ihn in Südfrankreich zu besuchen. Nachdem ich ihn zum ersten Mal besucht hatte, besuchte ich ihn noch viele Male." Soshana erzählt über die zwischen ihr und Picasso entstehende Beziehung. "Nachdem seine Frau Francoise Gilot ihn verlassen hatte, schlug er mir vor, mit ihm zusammen zu ziehen. Ich ging in mein Hotelzimmer zurück und dachte darüber nach. Ich hatte Angst schwanger zu werden. Es gab damals keine Antibabypillen, und es war mir klar, dass ich schwanger werden würde und dass nach einem halben Jahr alles platzen werde. Ich wies ihn ab. Nach einer Weile kam er auf sein Angebot zurück. Er sagte mir, dass ich ihn an seine Grossmutter erinnere, und das klang vernünftig, denn meine Urgrossmutter stammte aus Spanien, also wer weiß?" Picasso, wie auch Brancusi, drückte seine Sympathie zu Soshana in Porträtzeichnungen von ihr aus. Sie war darin sehr nobel dargestellt, feminin und attraktiv. Picasso betonte ihr dunkles Haar und ihre stechenden Augen, die den Betrachter sofort eingefangen haben. Ein weiterer Freund aus dem Künstlermilieu war der surrealistische Bildhauer Giacometti, der sich mit der neuen Definierung des Raumes auseinander setzte. "Er war ein wunderbarer Freund von mir", sagt sie, "Ich besuchte ihn nicht wenig in seinem Studio in Paris. Ich besuchte ihn vor seinem Tod in den 60-er Jahren und er war unglücklich, obwohl er zwei große Ausstellungen in der Tate Modern in London und im MOMA in New York hatte. Er gab vor mir seiner Frustration Ausdruck, indem er sagte:" Weißt Du, es ist mir nie gelungen einen Raum darzustellen". Und dann fragte er mich, warum ich ihn nicht öfter besucht habe. Das war das letzte Mal, das ich ihn gesehen habe".

Auch (Naftali) Bezem (ein berühmter Israelischer Maler) zählt zu ihren Verehrern

In Paris lebte sie abwechselnd 20 Jahre lang. Im Winter, wenn die Feuchtigkeit im Studio sie am Arbeiten hinderte, fuhr sie in den Fernen Osten, nach Indien und Asien, und sie schuf und stellte unentwegt aus. Trotz des Erfolgs musste sie sich in Paris oft mit Naserümpfen der Tatsache wegen, dass sie eine Frau war, auseinandersetzen."Ich stellte in Salons und Gruppenausstellungen in Paris aus, und hatte gleichzeitig Einzelausstellungen an anderen Plätzen in der Welt, aber ich spürte, dass mich die Galerien dort (in Paris) nie akzeptierten. Eine Weile lang arbeitete ich mit einem italienischen Maler namens Pinot Gallizio. Wir wollten mit einem dritten Maler arbeiten, der an einer Schule, an der ich lernen wollte, engagiert war. Er weigerte sich, mich an der Schule aufzunehmen, da ich eine Frau war." Nach der Zeit in Paris kam Soshana wieder nach Israel, diesmal mit der Absicht, sich hier niederzulassen. Sie erinnert sich: "Ich hatte eine wunderbare Wohnung in Jerusalem, die einem Botschafter gehörte. Ich traf viele Künstler. Ich erinnere mich noch an Naftali Bezem, ich war seine Freundin und ich kannte auch seinen Bruder aus Paris und London. Es gab in Jerusalem ein Zentrum, wo sich alle Künstler trafen. Ich war hier so glücklich. Als der Botschafter seine Wohnung wieder brauchte, wollte ich hier ein Haus kaufen. Ich bat meine Mutter um Hilfe, aber sie war durch den Krieg erschrocken und ich musste wegziehen." Von Jerusalem kam sie nach New York. Zehn Jahre lang stellte sie dort in neun Einzelausstellungen aus, Ölbilder mit intensiven, dunklen Pinselstrichen, mit verwirrten und zerrütteten, fast morbiden Figuren. Ihre eindrucksvolle Expedition zwischen dem Figurativen und dem Abstrakten hinterließ Kriegsbilder, Schmerz, Zerrissenheit und Leid.

Es ist fast unumgehbar, fast wie nach Spielberg, sich ihre Rückkehr nach Österreich als die Rückkehr des dunklen jüdischen Mädchens vorzustellen, die in ihre Heimatstadt als bekannte und gerühmte Künstlerin heimkehrt. In den letzten Jahren ist ihr Sohn fast hauptberuflich mit der Karriere seiner Mutter befasst – mit der Arrangierung von Ausstellungen in der ganzen Welt. "Ich konzentriere mich auf die Darstellung der wesentlichen Perioden ihres Lebens", sagt er bei einem Telefongespräch. "Sie war mit Israel immer verbunden und deshalb fühlte ich anlässlich ihres 80. Geburtstages, der am 1. September war, dass es an der Zeit wäre, für sie auch hier eine Ausstellung zu machen. Sie ist eine kosmopolitische Künstlerin. Auch in Indien kauft man ihre Werke". Amos Schueller wirkte gemeinsam mit Vertretern der Österreichischen Botschaft in Israel, die sich von der Möglichkeit, hier die Werke einer wichtigen österreichischen Künstlerin auszustellen, begeistert zeigten. Sie stellten den Kontakt zu Anat Dyana vom Givatayim Theater her, die für sie in Israel die Kuratorin und Produzentin der Ausstellung war. Die Ausstellung wird übrigens von hier nach Ramallah wandern. "Das war eine für uns wichtige Botschaft, die wir vermitteln wollten", erklärt Dyana. "Ich sehe in der Kultur ein Mittel zur Förderung der Verständigung zwischen Völkern, und Soshana freut sich über diese Idee. Deshalb scheinen auch im Ausstellungskatalog keine Erwähnungen über die Ausstellung in Israel auf. Wir wollten Neutralität wahren." Übrigens, falls Sie es sich schon gedacht haben, nachdem ihre Arbeiten dieses Jahr bereits in Wien, Nepal, Kanada und New York ausgestellt waren, denkt Amos Schueller dieser Tage schon an das nächste Projekt, nämlich eine retrospektive Ausstellung in Südamerika.