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Mit der Tradition einer psychologischen Kunst, die viel zu tief in den Expressionismus eintaucht, brechend, erschuf Soshana eine Reihe von explosiv farbigen Stillleben, mit einem auffälligen Aufbau, besetzt mit scharfen Punkten. Ihre vertrockneten Blumen, deren Stielen den Gebeinen von Toten gleichen, sind sogar noch aussagekräftiger, als die Galgen, die auf versengtem Boden starr in einen düsteren Himmel des Grauens emporragen. Die Bemühungen der Künstlerin die Essenz ihrer Inhalte zu destillieren und alles Nebensächliche abzustreifen, sind bemerkenswert. Als Resultat verlieren ihre Inhalte deren physikalische Identität, für gewöhnlich jedoch kommt ihre Aussage klar durch – ihre charakteristischen Pinselstriche, ihr zeichnerisches Muster, ihre Wahl der Farben, sie reflektieren die innerste Seele ihrer Arbeiten und öffnen ihr Geheimnis.

Sobald sie einst ihren neuen Ansatz fand, war es Soshanas Verpflichtung, diesen fortzusetzen. Sie hatte den Rubikon überquert. Während sich ihre Farbpalette nicht veränderte und ihre zeichnerische Technik ihre vibrierende Dynamik und ihre ruhelose Mobilität behielt, hatte sie – nach und nach – ihre Bilder einbezogen. Ihre verkohlten Garben und ihre brennenden Büsche, duftend nach dem stechenden Geruch des Todes, haben den Weg frei gemacht für Wellen von reinen Farben, die die Oberflächentextur der Gemälde steigern und in vulkanische Eruptionen umwandeln.

Die Schatten, die aus diesem turbulenten Strudel auftauchen, sind für sich selbst chaotisch. Aber die Unordnung besteht nur anscheinend: alle Bewegungen sind in der Tat von einem eigenen Muster orchestriert, das zu einer geschlossenen, ganzheitlichen Wirkung führt.

Der Romantik und dem Automatismus dieser lyrischen Periode folgt ein intellektueller Stil. Auf Schriftrollen aus Papier oder Seide zeichnet Soshana Arabesquen, die vom Chinesischen inspiriert wurden. Sie wandte sich der Kalligraphie zu. Ihre Kunst ist nicht länger eine Interpretation der Realität, die sich durch unser Wissen und unser Wahrnehmungsvermögen manifestiert, sondern wurde zu einer seltenen, kostbaren Schriftart, welche die Gedanken durch Linien, die den sachlichen Inhalt darstellen, versinnbildlicht.

Waldemar George, Paris 1955, Kunstjournalist